Stell dir vor, du suchst eine neue Wohnung, klickst dich durch Anzeigen, findest ein hübsches Angebot – Altbau, hohe Decken, zentral gelegen – und dann: fünfter Stock, kein Aufzug. Na toll. Da fragt man sich doch: Wie viele Etagen sind ohne Aufzug überhaupt erlaubt?
Diese Frage taucht nicht nur bei der Wohnungssuche auf, sondern auch bei Bauprojekten oder im Gespräch mit dem Hausverwalter. Und sie ist berechtigt, denn in Deutschland gibt es tatsächlich Regelungen, die festlegen, ab wann ein Aufzug Pflicht ist – aber eben nicht immer ganz so eindeutig, wie man sich das wünschen würde.
Aufzugspflicht: Ab wann muss einer rein?
Klar ist: In Deutschland gilt die sogenannte Aufzugspflicht in bestimmten Fällen – aber eben nicht generell. Die genauen Anforderungen hängen von verschiedenen Faktoren ab: Gebäudetyp, Baujahr, Nutzung, Bundesland und auch, ob es sich um einen Neubau oder eine Sanierung handelt. Generell gilt: Ab der vierten Etage (also bei Gebäuden mit mehr als drei Obergeschossen) ist bei Neubauten in der Regel ein Aufzug erforderlich.
Klingt erstmal eindeutig, oder? Tja, die Realität sieht dann doch etwas anders aus – und hier kommt die berühmte Bauordnung ins Spiel.
Wie viele Etagen ohne Aufzug erlaubt sind – laut Bauordnungen
Die meisten Landesbauordnungen (LBO) orientieren sich an einer Art gemeinsamen Nenner: Bei Gebäuden mit mehr als zwei Wohnungen und mehr als drei Vollgeschossen muss ein barrierefreier Zugang gewährleistet sein – und das geht in der Praxis fast immer nur mit einem Aufzug. Doch Achtung: Was als „Vollgeschoss“ zählt, wird nicht überall gleich definiert. Manche Dachgeschosse zählen nicht, andere schon. Es lohnt sich also, ganz genau hinzusehen.
Hier mal eine kleine Übersicht als Orientierung:
Bundesland | Aufzugspflicht ab | Bemerkung |
---|---|---|
Bayern | 4. Obergeschoss | Neubau |
Nordrhein-Westfalen | 4. Obergeschoss | Bei Neubauten mit mehr als zwei Wohnungen |
Berlin | 4. Obergeschoss | Teilweise auch ab dem 3. bei barrierefreiem Wohnen |
Hessen | 4. Obergeschoss | Neubauten |
Baden-Württemberg | 4. Obergeschoss | Neubau und bei größeren Umbauten |
Das heißt konkret: Ein vierstöckiges Gebäude ohne Aufzug kann in vielen Fällen noch rechtlich zulässig sein – ein fünfstöckiges ohne Aufzug? Schon schwieriger. Und bei Altbauten gelten oft Ausnahmen, da die Vorschriften zum Zeitpunkt der Errichtung maßgeblich sind.
Ausnahme Altbau: Alles erlaubt?
Nicht ganz. Zwar müssen Altbauten bei Bestandsschutz nicht nachgerüstet werden, aber: Sobald größere Umbauten geplant sind – etwa ein Dachausbau oder die Umwandlung in barrierefreie Wohnungen – kann die Nachrüstpflicht greifen. Auch beim Einbau neuer Wohnungen in oberen Etagen kann das Bauamt auf einen Aufzug bestehen.
Das heißt im Klartext: Wer in einem Altbau wohnt, darf durchaus täglich die fünf Stockwerke zu Fuß erklimmen – rechtlich ist das (noch) okay. Aber ob das auch langfristig so bleiben darf, ist eine andere Frage.
Typische Streitfälle und Erfahrungsberichte
In Foren liest man oft kuriose Geschichten: Da wird ein Neubau mit sechs Etagen genehmigt – ohne Aufzug, weil das oberste Geschoss als „Technikgeschoss“ deklariert wurde. Oder ein Eigentümer weigert sich, in der WEG einem nachträglichen Lifteinbau zuzustimmen, obwohl mehrere Senioren im Haus wohnen. Ein Klassiker: Der Neubau mit drei Vollgeschossen plus Dachgeschoss, das „nur zu 49 % ausgebaut“ ist – damit es nicht als Vollgeschoss zählt. 🙃
Kennst du jemanden, der jeden Tag den Einkauf in den fünften Stock schleppt? Dann weißt du, wie absurd solche Ausnahmetricks wirken können.
Was ist zumutbar?
Rein rechtlich darf man in vielen Fällen auch Wohnungen in der vierten oder fünften Etage ohne Aufzug vermieten – aber wie praktikabel ist das wirklich? Für junge Leute ohne Mobilitätseinschränkungen mag das gehen, aber mit Kindern, Kinderwagen, Einkäufen oder im Alter wird das schnell zur Belastungsprobe.
Zudem steigt die Nachfrage nach barrierefreien Wohnungen kontinuierlich. Wer also baut oder saniert, sollte sich überlegen, ob ein Aufzug nicht langfristig sowieso sinnvoll ist – auch im Hinblick auf den Wiederverkaufswert. Schließlich möchte niemand die Immobilie zum Fitnessstudio umfunktionieren, oder? 😉
Was du beim Wohnungskauf oder -miete beachten solltest
Ein Blick ins Exposé reicht oft nicht. Frag gezielt nach dem Baujahr, der Anzahl der Vollgeschosse und ob es eine Aufzugspflicht gibt – oder eine Nachrüstpflicht bevorstehen könnte. Das spart später viel Ärger. Und: Verlass dich nicht auf die reine Etagenangabe im Inserat. Ein „3. OG“ kann trickreich sein, wenn das Haus ein Hochparterre hat und somit eigentlich vier Etagen vorhanden sind.
Fazit: Gesetzlich okay – praktisch oft ein No-Go
Also, wie viele Etagen sind ohne Aufzug erlaubt? In den meisten Fällen: drei Vollgeschosse. Alles darüber erfordert bei Neubauten einen Aufzug – zumindest auf dem Papier. In der Praxis gibt’s aber viele Schlupflöcher, Interpretationsspielräume und alte Gebäude mit Sonderregeln. Für dich als Mieter oder Käufer heißt das: Genau hinschauen, nachfragen, nicht von der Etagenzahl im Exposé täuschen lassen.
Und wer als Bauherr überlegt, den Lift zu sparen – sollte nochmal den Kinderwagen oder den Wocheneinkauf durchspielen. Im vierten Stock. Ohne Lift. Im Sommer. Mit Getränkekisten. 😅
Wer weiß – vielleicht ist der Fahrstuhl dann plötzlich doch keine unnötige Spielerei mehr?